Dienstag, 16. Januar 2007
Ich würde so unheimlich gerne wissen, wie es ausgeht
Das Schöne und Schreckliche an Visionen, Ausblicken und Vorhersagen: Das Ergebnis erlebt man selbst so gut wie nie. Das macht mich ganz wahnsinnig. Denn der Ausgang so einiger Zukunftsperspektiven würde mich brennend interessieren. Nicht nur die düsteren, sondern auch die hoffungsvollen. Aber ich werde es nicht erleben. Und es gibt keinen Weg, das zu ändern. Keine Mail ins Jenseits. Nichts. Denn ich ahne, dass ein Großteil der ganzen Vorhersagen ganz anders ausgeht, als sich das alle vorstellen. Das wäre nicht neu. Die Zukunft vorherzusagen ist in der Regel immer schief gegangen. Deshalb würde mich es so unheimlich und riesig freuen, wenn alles mal wieder so ganz anders läuft als alle einem weiß machen wollen. Aber das ist das Schöne und zugleich Schreckliche daran. Die einen werden für ihre Theorien nicht mehr zur Rechenschaft gezogen und die anderen müssen es mal wieder ausbaden. So lief und so läuft es immer. Wie geht das aus mit den Religionen, mit dem Aussterben der Deutschen, mit der Umwelt, mit dem Hass, mit der Dritten Welt? Wann ist der Tag da, an dem das Öl aus ist, wirklich aus? Diese Menge von Fehleinschätzungen, die in allen erdenklichen Aspekten widerlegt und übertroffen wird. Weil es uns nämlich gänzlich an Vorstellungskraft fehlt. Uns fehlt die Vorstellungskraft für alles Wesentliche. Es gibt keine Rechenschaft in der Zukunft für das, was man in der Gegenwart für einen Blödsinn geredet hat. Oder wie dumm man gehandelt hat. Somit tut sich der Verdacht auf, dass die meisten Theorien in ihren Auswirkungen so weit in die Zukunft terminiert werden, dass man selbst nichts mehr davon abbekommt. Eigentlich kann man behaupten was man will. Es ist wirklich egal. Man darf das Ende nur nicht erleben. Das Ergebnis. Das könnte übel ausgehen. Und wir profitieren nun mal leider nicht alle von dem genialen Umstand, der zum Beispiel Politiker begleitet. Die retten die Wahlen, die sie nicht gewinnnen. Oder die Bilanzen in AGs. Da gehts mit einem Handgeld, das man unmöglich mit den eigenen Händen tragen, geschweige denn bewegen kann, an die frische Luft. Der normale Mensch wird für alle seine tollen Pläne und Vorhersagen jeden Morgen in den Hintern getreten. Eigentlich sind wir alle eine Art schlecht bezahlte Fußballtrainer. Die man immer, wie bitter, beim Wort nimmt. Oder am zählbaren Ergebnis misst. Oder noch schlimmer, deren eigene Ziele von den immer schlechten Launen anderer abhängig sind. Ach, wie gerne würde ich Mäuschen spielen und für einen Tag alle 250 Jahre noch mal zurückkommen dürfen. Um mir ein Bild machen zu können, wie es um die alten Theorien bestellt ist und welche neuen im Umlauf sind.
(Foto: Peter vn Felbert, Motiv: Tankstelle)
Donnerstag, 11. Januar 2007
Klassik
Zu viel Jazz hier. Zu viel Improvisation hier. Deshalb möchte ich genau an dieser Stelle noch mal eine Lanze für die Klassik brechen. Lasst mal das ganze Lametta, den ganzen Staub, die Abonnenten-Nummer und die ganze Abendgarderobensache bei Seite. Das ganze arrogante, überhebliche und schickimickihafte Theater. Ihr müsst dieses ganze Brimborium bei Seite schieben und da lassen. Und euch nur der Musik widmen. Dann werdet ihr etwas Ungeheures erleben und erkennen. Aber man muss es hinbekommen, dieses ganze Elitäre mit aller Gewalt zu verdrängen. Und sich zum eigentlichen Ereignis vorzuarbeiten. Oder sollte ich besser sagen durchzubeißen. Dann geht eine Pforte auf, ein Tor und lässt eine Welt herein von ungeheurer Klarheit, Schönheit und Brillanz. Wer vom Anblick des Meeres nicht genug bekommt. Oder fassunglos sich Sonnenuntergänge in den Bergen reinzieht. Wer große und kleine Gefühle liebt. Die ganze Welt des Schönen, der Wirklichkeit und all dessen, was uns ein Leben lang umgibt, ist schon mal vertont worden. Und zwar so, dass es nicht besser geht. Hört Beethoven, Mozart, Brahms, Mahler, Bruckner, Tschaikowsky, Stravinsky, Ravel, Mendelssohn und Bach. Mit gutem Gewissen kann ich von mir behaupten, dass ich so gut wie keine Ahnung davon habe, aber mein Gefühl kann mich unmöglich so täuschen. So intensiv und schon so lang.
(Foto: Peter von Felbert; Motiv: Münchner Symphoniker)
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