Freitag, 27. Oktober 2006
Geschmack
Worüber die Menschen am meisten reden, haben sie die wenigste Ahnung. Deshalb reden sie ja so viel darüber. Um den zum Scheitern verurteilten Versuch zu unternehmen, neue Erkenntnisse hinzu zu gewinnen. Besonders verhält sich dies so bei Geschmacksdiskussionen. Geschmack ist ein Privileg. Das man sich hart erarbeiten muss. Denn es resultiert aus der Bereitschaft und Fähigkeit der selektiven Wahrnehmung. Das bedeutet, etwas bis ins kleinste Detail zerlegen zu können. Und nicht nur ganzheitlich bzw. oberflächlich wahrzunehmen.
Am Beispiel des Weins kann man dieses Verhalten sehr gut festmachen. Wir haben alle (mich eingenommen) keine Ahnung von Wein. Wir glauben aber Ahnung zu haben. Weil wir Etiketten und Preis mit Geschmack verwechseln. Nur weil man einen bekannten und/oder teuren Wein köpft, hat man noch lange keine Ahnung. Deshalb das ganze Gerede um Wein. Mein Lieblingsweinhändler (auch liebevoll Dealer von mir genannt, Walter Zimmermann von Walter & Benjamin auf der Rumfordstraße 1 in München), hat mir mit einem Satz die Augen geöffnet. In dem er sagte: "Du kannst jeden Tag deines Lebens einen guten Wein trinken, ohne je 2 x den selben getrunken zu haben."
Mit diesem Satz im Kopf ließ ich meine Gedanken über den Parker und den Johnson streifen und über die viele Etiketten im Regal. Untermauert wurde diese These von der Tatsache, dass aus dem Bordeaux nur knapp 2% der weltweiten Weinproduktion kommen, wir aber von ca. 5.000 verschiedenen Abfüllungen reden. Somit müsste ich, um in die Nähe des Kenners zu kommen, täglich ca. 20 bis 50 verschiedene Tropfen in seine Einzelteile zerlegen. Und das über Jahre fortführen. Dabei dürfte ich nie auf den Preis und das Etikett schauen, sondern müsste mir immer ein eigenes Bild von der Beschaffenheit machen.
Das macht niemand, den ich kenne. Auch die größten Weinkenner nicht. Somit muss man sich entweder auf seine Nase und seinen Gaumen verlassen lernen. Oder immer genügend für große Namen ausgeben. Aber nur einer der beiden hat die Chance, so etwas wie Geschmack zu entwickeln. Der andere verläßt sich auf das Urteil Dritter.
Deshalb sind Geschmacksdiskussionen in der Regel lange Gespräche von Priviligierten, die aber zur Sache nur wenig beitragen können. In der Werbung verhält sich das ebenso. Wie in der Musik. Der Kunst. Der Literatur. Der Mode. In allem. Nur ganz, ganz wenige haben Ahnung, worüber sie reden. Nur die tun es nicht. Weil sie ja wissen, woran sie sind. Was für ein Dilemma.
Dienstag, 24. Oktober 2006
Wertvoll 3: Ein Lokomotive namens Krokodil

In der Welt der Märklin-Liebhaber stockt jedem der Atem, wenn er von diesem Ungeheuer in grün hört. Gesehen haben es nur wenige in Wirklichkeit. Und ihr eigen nennen es noch viel, viel weniger. Auch hier gilt das Gesetz des Begehrens. Die eine ist sehr alt, sehr selten und schon immer der Wunschtraum eines jeden, der im Besitz einer Märklin-Eisenbahn ist.
Donnerstag, 19. Oktober 2006
Wertvoll 1: Die Ga-Ga-Ga-lieer

Wirklich wertvoll wird nur das, was ein bestimmtes Niveau an Qualität überschreitet. Dann sind nach oben keine Grenzen gesetzt. Was dieser erstrebenswerten Entwicklung auch sehr dienlich ist, ist, dass es selten ist. Nichts steigert den Wert einer Sache mehr als die Begehrlichkeit.
In den meisten Fällen, in denen das geschieht, hat diese Entwicklung keiner geplant. Somit ist alles Unerschwingliche eigentlich aus Zufall entstanden. Auch die Macher von Asterix und Obelix hatten keinen blassen Schimmer davon, was viele Jahre später jemand bereit ist, für die Erstausgabe hinzublättern.
Ich hatte dieses Heft. Es lungerte Jahre auf der Kindertoilette in Stierstadt bei Oberursel bei Bad Homburg bei Frankfurt herum. Bis es zu zerblättert war. Bis es meine Mutter entsorgt hat. Bemerkt hat das damals niemand. Somit hatte ich mal einen Schatz. Und konnte es nicht wissen.
So ist das mit Dingen, die man zu Lebzeiten unterschätzt. Alles kann unermesslich wertvoll werden. Schon verrückt.
Montag, 16. Oktober 2006
In der Erinnerung
Wie kann das sein? Wenn wir doch immer so bemüht sind, objektiv zu sein. Wie kann unsere Empfindung uns so täuschen? Und was bedeutet das für unser Leben und Arbeiten? Für die Welt der Kommunikation habe ich daraus abgeleitet, dass die Umwelt, in der eine Botschaft wahrgenommen wird, fast noch wichtiger ist, als die Botschaft und der Nutzen selbst. Wir interpretieren positive Aspekte in einem wohlgesonnen, positiven Umfeld den eigentlichen Produkteigenschaften hinzu. Wir verbessern die Realität durch die vielen positiven Einflüsse, die mit der eigentlichen Botschaft nicht zu tun haben.
Das gleiche geht auch anders herum. In einem negativen Umfeld werden die Empfindungen in den Keller gezogen. Sogar eine absolut positive Eigenschaft kommt schlecht dabei weg. Obwohl diese objektiv gesehen sehr positiv war. Ein verregneter Sommer bleibt negativ in Erinnerung, obwohl man darin viel Spaß gehabt haben kann.
Ein Restaurantbesuch vom Feinsten wird dadurch in Mitleidenschaft gezogen, dass man ungünstig saß und die ganze Zeit Zug abbekommen hat.
Somit verstärken wir die Realität in zwei Richtungen und das Produkt, die Dienstleistung, kann sich dem nicht entziehen. Das gilt es beim Erstellen von Kommunikationsstrategien zu berücksichtigen. Sonst war die ganze Mühe umsonst. Und eine gute Konzeption schneidet schlecht ab, nur weil das Umfeld nicht mitgespielt hat.
Donnerstag, 12. Oktober 2006
Schlau: Orientierungsnachhilfe von den Kleinen

Ameisen sind in einigen Bereichen echt schlau. Wesentlich schlauer als wir. Ameisen hinterlassen Spuren und Markierungen ihrer Tätigkeit. Somit wissen alle Ameisen, wo es lang geht. Sogar lohnend. Denn Spuren mit erfreulichem Ziel sind besonders stark markiert. Lässt die Markierung nach und eine andere sticht hervor, dann wechseln die Ameisen einfach die Richtung - in Richtung noch ergebnisorienierter.
Wir Menschen machen und können das nicht. Wir machen Dinge oft nur für uns und hinterlassen keine Markierungen. Deshalb kann uns oft keiner folgen. Oder keiner weiß, wo es eigentlich lang geht. Würden Firmen aber zu einem lohnenden unternehmerischen Ziel jede Menge gut erkennbare Markierungen setzen, dann ginge alles viel besser und einfacher. Denn alle wüssten, wo es lang geht.
Aber wir sind nun mal Eigenbrödler und behalten lieber alles für uns. Deshalb müssen wir wohl oder übel damit leben, dass eigentlich keiner so richtig weiß, wo es lang geht.
Donnerstag, 5. Oktober 2006
Can´t beat the real thing?!?
Die Kunst der Anpassung. Die Veränderung ist das Kontinuierliche. In unserer Wahrnehmung haben wir in der Regel immer die letzte Fassung einer Marke gespeichert. Alles Ältere ist schnell vergessen und wird schnell überlagert. Beeindruckend, wenn man die Angst in den Marketingabteilungen kennt. Bloß nichts anfassen, bloß nichts ändern, bloß keine Arbeit machen! Dabei haben alle großen und erfolgreichen Marken genau diese Wandlungsfähigkeit gemein.
Montag, 2. Oktober 2006
Andersartig

Das haben wir immer so gemacht!
Diesen Satz muss ich leider noch viel zu oft vernehmen. Man kommt nicht weiter, oder eine Situation verschlechtert sich bei gleichem Vorgehen. Aber der Mensch hält am Gewohnten und nicht mehr Bewährten trotzdem weiterhin fest.
Herr Fosbury hat genau diese Denkgewohnheit durchbrochen. Indem er, um weiter zu kommen, einfach mal ganz anders an das Selbe herangegangen ist. Und siehe da: Er hatte Erfolg. In einer Zeit, als alle noch mit der Brust zuerst die Stange überquerten, zog er es vor, mit dem Rücken voraus zu springen. Sein Weltrekord und Olympiagold gaben ihm recht. Seitdem springt keiner mehr mit der Brust zuerst über die Hochsprungstange. Also keiner in einem Wettbewerb. Das Undenkbare ist zur Gewohnheit geworden. Und mir ist bis heute unverständlich, wie ganze Unternehmen, ohne den Versuch unternommen zu haben, einfach zu ändern, was nicht mehr funktioniert, dem drohenden Ende mit offenen Augen immer weiter entgegen schreiten.
Immer den selben Satz vor sich her murmelnd:
Ja, aber das haben wir doch immer schon so gemacht!
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