Montag, 18. September 2006
Einschreiben 8
Der Mann, der in meinem Rücken schlief, hat Photos geschickt, unter anderem vom Morgen des Füller-Unfalls. Als er anfing zu photographieren, hatte ich die Feder bereits wieder zurechtgebogen, unternahm erste Schreibversuche, in denen ich über beides berichtete. Bis heute sind Nachbehandlungen und Rehabiltationsmaßnahmen erforderlich. Dies ist wiederum eine davon. Jetzt hat sich die Katze entgültig in den Schwanz gebissen. - Keine der wirklichen Katzen, die hier leben, sondern die des übertragenen Sinns. Wobei die wirklichen ebenfalls auf einer Reihe der Photos zu sehen sind, die der Mann am selben Tag gemacht und heute geschickt hat. So entsteht ebenso zwangsläufig wie unbeabsichtigt ein Zusammenhang, der seine Arme in unterschiedliche Richtungen ausstreckt. Indem ich ihn notiere, wird er manifest und zugleich in einen größeren gestellt, der seinerseits Teil eines weiterreichenden ist und seinen sowohl bestimmten als auch unbestimmten Ort im umfassenden hat. Aus all dem ließe sich ohne Zweifel eine Systematik ableiten, in der es um Kunst ginge, die auf der Hand läge, selbstredend auf keiner wirklichen.
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Montag, 11. September 2006
Einschreiben 7
Jemand, der bereits verschiedentlich unter anderem Namen/ in anderer Funktion hier aufgetaucht ist, bittet mich, ihm zwei Fragen zu beantworten: „Warum leben Sie in Deutschland?“ und „Warum leben Sie an dem Ort in Deutschland, an dem Sie leben?“ Ich soll Teil einer größeren, gerade durch ihre Nicht-Repräsentativität repräsentativen Umfrage werden, die er aus eben durch ihre Persönlichkeit überpersönlichen Gründen durchführt, um die Antworten zusammen mit Portraitphotographien der Befragten in einer öffentlich privaten Internetseite, die sich „Blog“ nennt, zu präsentieren. Da er mein Freund ist, kann ich ihm die Bitte nicht abschlagen, auch wenn ich nicht weiß, wer sich dafür interessieren soll, außer ihm und vielleicht ein paar anderen Freunden oder Bekannten, mit denen wir nach einem oppulenten Abendessen am besten in Form eines Gesellschaftsspiels Themen wie diese erörtern könnten. Die einzige Schwierigkeit bestünde in der Entwicklung sinnvoller Regeln und eines adäquaten Bewertungssystems, mit dem sich am Ende der Gewinner ermitteln ließe.
1.) Weil Deutsch die einzige Sprache ist, die ich weitgehend fehler- und akzentfrei beherrsche, und ich nicht im Gebirge leben mag.
2.) Weil Berlin/Prenzlauer Berg von allen Orten, die ich kenne, der einzige ist, an dem ich in der Mehrheit bin.
Er versichert mir telephonisch, daß ich damit im Moment gut im Rennen liege.
1.) Weil Deutsch die einzige Sprache ist, die ich weitgehend fehler- und akzentfrei beherrsche, und ich nicht im Gebirge leben mag.
2.) Weil Berlin/Prenzlauer Berg von allen Orten, die ich kenne, der einzige ist, an dem ich in der Mehrheit bin.
Er versichert mir telephonisch, daß ich damit im Moment gut im Rennen liege.
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09:10
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Montag, 4. September 2006
Einschreiben 6
In meinem Rücken schläft ein Mann. Vor ihm auf dem Tisch liegt seine Kamera. Er wälzt sich von einer Seite auf die andere, ächzt. Ich kenne ihn seit langem. Es geht keine Gefahr von ihm aus. Trotzdem ist die Situation ungewohnt. Auch keine Gefahr läßt sich mit Hilfe der Kunst bannen. Ich drehe mich um. Der Mann ist aufgewacht, sieht mich an, winkt. In dem Moment höre ich ein sonderbares Geräusch neben mir, ein rollendes, anderthalb Sekunden. Höchstens. Dann der Aufschlag. Ich schaue auf den Boden. Dort liegt mein Füller. Ohne Kappe. Er muß direkt auf die Federspitze gefallen sein. Sie ist krumm wie ein verbogener Nagel. Die Einschreibarbeit von Wochen wurde zunichte gemacht. Der Mann steht auf und bedauert, was geschehen ist. Allerdings erscheinen ihm als Photograph die optischen Folgen des Absturzes auf dem Blatt - Biegespuren, verwischte Tinte, zerhackte Wörter, gekratzte Striche - weitaus interessanter, als das, was nach einem glatt heruntergeschriebenen Text zu sehen gewesen wäre. All das, was hier steht, hält er im Bild fest. Unterdessen erholt der Füller sich langsam. Statt eine Gefahr zu bannen, arbeiten wir das Unfalltrauma auf. Gemeinsam werden wir es schaffen. Der Mann aus meinem Rücken erweist sich dabei als Freund. (2. 6. 06)
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