Es ist nicht zu übersehen, dass ich in vielen
Dingen schwanke. Zwischen zwei Polen, Werten,
Verfassungen und Ansichten. Das Schwanken ist
nicht das fast unbemerkte auf ruhiger See.
Es ist eher ein Schwanken, wie diese Schiffschau-
kel auf der Kirmes. Das Gewicht schwankt von bis.
Meine Stimmung. Meine Lust, mich einzubringen.
Meine Haarlänge. Vieles schwankt. Immer angeschoben
vom Zweifel, der Begeisterung. Der Niederlage oder
dem Erfolg. Der Lust zu etwas und der Hass.
Wie zwischen zwei Polen schwanke ich hin und
her. Lange Zeit glaubte ich, es sei eine Art
Magnetismus, der mal zur einen Seite anzieht und
von einer anderen abstößt. Aber mittlerweile
bin ich eher der Meinung, dass es wie auf einer
Kinderschaukel meine eigenen Beine sind, die
sich da abstoßen in eine Richtung und die ordentlich
Schwung holt, um auch in die andere zu kommen.
Warum? Weil man die Grenzen erfahren will.
Sich selbst spüren will. Weil man sich gehen
lassen will und aber kurze Zeit später in Askese
leben will. Weil man im Pendeln ein größeres
Spektrum der Erfahrungen und Erkenntnisse vermutet.
Was da aber nicht ist. Denn es kostet mehr Kraft, als
man glaubt, immer wieder aufholen zu müssen. Oder
wieder zurück zu müssen. Loslassen und anfassen.
Und das oftmals von Dingen, die man ruhiger mit
durchs Leben tragen könnte, um somit die Sicht
auf Wesentlicheres frei zu machen. Wer immer mit
seinem Gewicht ringt, der muss sich um vieles
andere nicht kümmern. Somit ist das Pendeln eine
selbst gewählte Beschäftigung, die eigentlich nicht
sein müsste. Ich glaube, suchende Menschen pendeln
stärker, als diejenigen, dies das gefunden haben,
wonach alle suchen. Ihren Lebensmittelpunkt,
ihre Berufung, ihre Leidenschaft, ihre Liebe.
Pendeln bedeutet, noch auf dieser Suche zu sein.
Das Pendeln zu beenden heißt angekommen zu sein.
19. Oktober 2007