Die Menschen sammeln alles Mögliche. Ich habe mal
Eierbecher gesammelt. Bitte frage mich nicht,
warum. Aber es waren antike Eierbecher. Es
müssen über 30 gewesen sein. Was heißt gewesen, die
liegen zu Hause in einer Schachtel.
Die Kinder sammeln Figuren aus Computerspielen
und Trickfilmserien. Wir haben Fußballer gesammelt.
Meine Mutter sammelt Geschirr – altes natürlich.
Und heute glaube ich, etwas im Sammeln entdeckt zu haben.
Man will die Zeit einfangen und festhalten.
Das Sammeln lässt einen Rückblick zu. Man sammelt oft
alte Sachen. Und wenn man diese dann bestaunt,
dann hat jedes Stück seine kleine Geschichte. Das hat
man aus dem Urlaub. Das mal geschenkt bekommen.
Da die Erinnerungen oft schneller verschwinden,
als uns lieb ist, sammeln wir, um Erinnerungen
zu sammeln. So, wie sich diese Superhirne
viele Dinge merken können, indem sie einfach ihr
Haus mit den Gegenständen einrichten, die sie
sich merken sollen. So richten wir uns ein mit
Sammlungen, die uns erinnern sollen. An was bloß?
Aber da könnte die Lösung sein, einfach an die
vergangene, schon vergangene Zeit. Menschen, die
viel in der Vergangenheit leben, sammeln sicherlich
mehr. Also Menschen, die ganz ungeduldig der Zukunft
entgegen fiebern. Das Sammeln soll die Zeit
langsamer vergehen lassen. Deshalb sammelt man alte
Sachen, um Zeit zu sammeln. Umso älter, umso
länger scheint der Eindruck, dass man gelebt hat.
Und somit auch denjenigen umso intensiver.
So hat die Sammelleidenschaft ihre Wurzeln
in der Lebenszeit, die verstreicht. Und wir uns nur
schwer daran erinnern können, was alles schon
passiert ist. Das Sammeln macht diese Erinnerung
leichter.
19. Oktober 2004