Montag, 10. Dezember 2007
Das fehlende Glied
Lange ging es ohne. Sogar ganz gut. Das haben Eroberungsmärkte so an sich. Ware muss verteilt werden. Dann wurde durch den Konsumrausch dieses Verhalten in die Länge gestreckt. Aber nun rückt im Verdrängungsmarkt, dem Abklingen des Konsumrausches und der Globalisierung das fehlende Glied immer mehr zurück in das Interesse.
Soziale Intelligenz. Soziales Gewissen. Ein Marke hat hier große Aufgaben zu erfüllen, denn sie tritt an die Stelle von nicht mehr oder weniger guten Freunden. Ein guter Freund bringt die wichtige Eigenschaft mit sich, eine moralische Verbundenheit herzustellen. Das müssen Marken, Produkte und Dienstleistungen nun mehr und mehr auch leisten.
Aber man hat in diese Kompetenz nichts investiert. Noch schlimmer, die Lenker und Denker sind selbst ohne diese so wichtige Eigenschaft ausgestattet. Somit wird ihnen das fehlende Glied nicht auffallen und sie machen das, was alle machen. Sie verstärken das, was sie kennen und können bis zum - Ende.
Ein Produkt muss sukzessive mehr leisten, als auf den Leistungsbeschreibungen zu finden ist. Das kommt den Denkern und Lenkern suspekt vor bis unheimlich. Esoterischer Blödsinn. Was zählt, sind harte Fakten. Das war so. Das ist so. Das bleibt so. - Glauben diese Menschen wirklich zu wissen.
Okay. Die Zeit wird es zeigen. Denn immer mehr Marken werden sich dieser neuen Verantwortung bewusst. Und nach der Servicepleite, dem Servicedesaster will man nicht ein zweites Mal eine wichtige Entwicklung verpassen und das anderen überlassen.
Die Kunden verzeihen einem auf Dauer eben nicht alles. Und eine zweite solche Fehleinschätzung des relevanten Kundenbedürfnisses kann man sich hier und da nicht erlauben. Somit wächst der soziale Aspekt in Unternehmen. In diesem Zusammenhang stellen sich plötzlich Fragen, die auf Antwort drängen. Und niemand kann diese beantworten. Wie haucht man einer Marke eine soziale Intelligenz ein, ein erlebbares soziales Gewissen? Ein positives und gutes auch noch, das der Kunde nicht nur glaubt, sondern wovon er überzeugt ist.
Die Fehler der Servicekatastrophe wiederholen sich. Mach mal eine Hotline. Das ist Service in Deutschland. Und Millionen von Kunden kreisen täglich in Warteschleifen für Millionen von Euro. Und nichts passiert, was dem Kunden wirklich weiter hilft. Denn wo Service drauf steht, ist in der Regel eine Mogelpackung drin. Wer will das schon machen. Wer soll das bezahlen.
Mit denselben spitzen Fingern wird nun auch das neue Thema angefasst. Was ist sozial? An einem Unternehmen und seinen Produkten? Was wollen die Kunden denn Soziales haben, hören, sehen und erleben? Welche soziale Intelligenz soll sie denn anlächeln, wenn sie dem Produkt gegenüber stehen? Welches soziale Gewissen soll denn ausgelöst werden, wenn der Markenname fällt? Sozial?!
Ja spinnt der Konsument denn jetzt völlig. Das ist eine Marktwirtschaft. Okay, es ist eine soziale Marktwirtschaft. Stimmt! Aber was um Himmelswillen kann und soll an einer Marke und seinen Produkten denn soziale Wärme im Kunden auslösen. Was den dazu bewegt, sich für einen zu entschieden.
Die Antworten sind so einfach wie banal. Wenn man echte Freunde hätte. Oder wenigstens einen echten Freund. Wenn man sicher wäre, dass die Freunde, die man glaubt zu haben, sich nicht nur als marktwirtschaftliche Zweckgemeinschaften entpuppen. Man kann sich eben nicht sicher sein. Der Unterschied zwischen Wahrheit und Wirklichkeit kann dann doch größer sein, als man dachte.
Ein Freund. Was würde ein guter Freund für einen tun? Was würden wir für einen echten Freund tun? Was dürfte ein Freund auf keinen Fall machen, um nicht die Freundschaft zu riskieren? Was darf ein Freund machen, ohne die Freundschaft auf das Spiel zu setzen? Auf welchen Eigenschaften, Werten, Tugenden und moralischen Übereinstimmungen beruht eine Freundschaft? Was hält eine Freundschaft aus? Was auf keinen Fall? Welchen Charakter wird ein Freund wohl haben? Was ist uns wichtig an einem Freund? Was ist uns unwichtig an einem Freund? Wann brauchen wir einen Freund? Wann nicht? Wie ist das Umfeld eines Freundes? Wie groß ist die Distanz oder die Nähe? Was weiß man von und über einen Freund? Was will man gar nicht erst wissen? Was würde einen an einem Freund enttäuschen? Und was würde einen über die Maßen an einem Freund erfreuen? Wie spricht man mit einem Freund?
Alles sehr einfache Fragen und ebenso einfache Antworten, welche die Grundlage für soziale Intelligenz bedeuten würden. Wenn man nur wüsste, wovon die Rede ist. Wenn man nur den eigenen Vorteil im Blick hatte. Wenn man gelernt hat, die Ellenbogen auszufahren. Wenn nur die rationale Gehirnhälfte tagsüber in Gebrauch war. Wenn nur noch Zahlen einem Recht geben. Wenn man alle politischen Tricks kennt, nach oben zu kommen und oben zu bleiben. Wenn alle rationalen Beweggründen gefolgt sind. - Dann sieht es echt schlecht aus, das fehlende Glied an die richtige Stelle im Unternehmen zu bekommen.
Na ja, auch nicht schlimm. Dann macht das Geschäft eben ein anderer.
Geschrieben von Christof Hintze
in Human Marketing
um
12:03
| Kommentare (0)
| Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: Human Marketing
Artikel mit ähnlichen Themen:
Kommentare
Ansicht der Kommentare:
(Linear | Verschachtelt)
Kommentar schreiben