Mittwoch, 28. November 2007
Geständnisse
Ich fürchte, es ist schon zu spät. Vermutlich sind mir Beckstein & Co. schon auf die Schliche gekommen. Aber ich gebe es hier und heute öffentlich zu: Ich verweigere die Werbung!
So, jetzt ist es raus. GEZegnet sei vorsorglich die Stelle, die dafür sorgt, dass ich mich dem Konsumrausch nicht so einfach entziehen kann.
Wenn ich fernsehe, ist mein wichtigstes Instrument die Fernbedienung. Kommt ein Werbeblock, ist der Ton schneller aus als ich in die Küche gehen kann. Oder ins Büro, ins Badezimmer oder was man halt sonst in den 7-8 Minuten so macht. Interessant ist auch der Vorschlag von Vera F. Birkenbihl, die Werbeunterbrechungen zu nutzen, um sich weiter zu bilden. Bei der Menge der sinnlosen Berieselung schafft man eine neue Fremdsprache vermutlich in vier Wochen.
Aber bei mir geht es noch viel weiter. Wird einmal ein Film angekündigt, den ich nicht im Kino gesehen habe, der mich aber interessiert, programmiere ich meinen Video-Rekorder. Jawoll, trotz Dauerprospekten in den Zeitungen, die ich beim Zeitungskauf immer sofort ausschüttele, bin ich standhaft geblieben und brauche keinen DVD-Spieler. Asche auf mein Haupt.
Ich nehme auch keinen Kredit einer Online-Bank auf, von denen es den Briefen nach zu urteilen inzwischen Hunderte zu geben scheint, sondern ich bezahle bar, wenn ich etwas brauche. Dafür habe ich zuvor gespart. Natürlich nicht auf einem Sparbuch, das nur den Banken Geld bringt, sondern in Aktienfonds, Aktien oder Festverzinslichen: Nein, auch eure Werbeanrufe, die inzwischen als Umfragen getarnt daherkommen, höre ich mir nicht an. Ich will keine Steuern sparen. Abgesehen davon, dass man Steuern höchstens senken, nicht sparen könnte. Ich zahle gern Steuern, bedeutet es doch, dass etwas zu versteuern da ist.
Ich will auch nicht mit Günther Jauch um 5 Millionen Euro spielen, weil die Frage „Wer wird Millionär“ sowieso schon lange beantwortet ist: Günther Jauch ist Millionär. Beim letzten Goldrausch am Klondyke brachten es die zu etwas, die Schaufeln und Proviant verkauften, nicht die Goldsucher.
Im Supermarkt kaufe ich nichts von den in den Gang gestellten Eye-Catchern. Und probieren will ich auch nichts. Ich habe einen Einkaufszettel, ich schäme mich. Dabei schaue ich auch noch, was die Ware pro Kilo kostet und bücke mich notfalls. Auch gehe ich nicht rechts herum und widerstehe den Backdüften am Eingang, weil dort nur mit künstlichen Aromen etwas vorgetäuscht wird, was mein Bäcker, dessen Adresse ich niemanden verrate, noch handwerklich zustande bringt.
Ich glaube nicht daran, dass meine Potenz abhängig ist von der Automarke, mit der ich fahre. Allerdings weiß ich aus Erfahrung, dass Bewegung sie fördert. Deshalb fahre ich viel Fahrrad, vor allem wenn die Tankstellen ihre Preise am Wochenende heraufsetzen. Es tut mir leid, liebe Multis: Ich tanke dienstags und nie vor Feiertagen oder Ferien. Und natürlich weder Shell noch Aral, sondern ausschließlich bei freien Händlern.
Ich war neulich nicht bei der neuen Saturn-Eröffnung in Berlin. Da gehe ich nämlich nie hin. Wer die Werbemillionen so rausknallt, wird das verkraften können. Auch trinke ich weder Warsteiner, Jever noch Krombacher, allein deswegen, weil sie mich bei den Sportübertragungen so abturnen. Hoffentlich bleibt Augustiner standhaft und macht weiterhin keine Werbung.
Ich nehme auch nicht an den Bonusaktionen der Supermärkte teil und will keine Zugaben zu meinen Einkäufen. Wollte ich ein neues Service, würde ich es mir kaufen. Auch werbe ich keinen neuen Abonennten um den Judaslohn eines iPods. Und, Steven Jobs wird es verkraften, das iPhone löst bei mir kein Jucken in der Tasche oder sonst wo aus. Im Gegenteil. Ich telefoniere mit dem Handy vielleicht fünfmal im Jahr.
Weiterhin gebe ich zu, dass ich die Sportschau immer erst fünfzehn Minuten vor Schluss einschalte, weil dann Bayern kommt. „Wetten dass“ schaue ich gar nie an. Und wirklich ganz furchtbar: Am Freitag habe ich überhaupt nicht Fernsehen geschaut. Es tut mir leid.
Geschrieben von Kai Falkenberg
in Marketing Denkanstöße
um
08:09
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