Freitag, 16. November 2007
Ein Telefon ist ein Telefon ist ein Telefon ist ein Telefon - oder?
Seit dem 09.11.2007 kann man in Deutschland, nein nicht den neuen Harry Potter auf Deutsch lesen, sondern das neue, sensationelle, unglaubliche Apple iPhone erwerben. In Köln öffnete deswegen ein cleverer Händler schon um 00:01 Uhr seine Pforten. Wie das Geschäft lief, ist mir bis heute Abend noch nicht zu Ohren gekommen. Wir werden es aber sicher bald wissen.
Was ist denn an dieser Geschichte so toll, fragen Sie sich? Das werde ich Ihnen erklären. In Vertriebsschulungen hört man immer mal wieder die alte Geschichte eines Schuh-Herstellers, der seinen besten Verkäufer in ein Land in Ostafrika schickte, um herauszufinden, ob es dort einen Markt gäbe. Nein, berichtete der, als er zurückkam. Kein Markt. Alle laufen dort barfuss herum. Der Schuh-Hersteller tat nun zwei Dinge. Als erstes entließ er seinen besten Verkäufer und gründete dort zweitens eine Niederlassung. Was gibt es einen besseren Markt für einen Schuhhersteller als ein Land, in dem alle barfuss gehen?
Hier hatten wir einen gegenteiligen Markt. Einen gesättigten Markt. Alle Menschen haben mindestens ein oder zwei Handys. Die zur Jahrtausendwende wie die Pilze aus dem Boden geschossenen Handyläden gingen ein wie die Primeln. Die Handys gab es umsonst. Die Tarife bröckelten auf breiter Front. Und heute? Da kommt einer, Steven Jobs, der ein Handy auf den Markt wirft, das 399,- Euro kostet. Dessen ungeliebter Vertragspartner seinen Kunden einen 24-Monatsvertrag aufdrängt und 39 Cent pro Gesprächsminute abknöpft. Und was machen die Kunden? Sie kaufen wie die Wilden.
Nein, das iPhone kann nichts, was es nicht schon lange und viel billiger gäbe. Telefonieren, Internetzugang, iPod, eine schwache 2-Megapixel-Digicam und eine gute 8 Gig Speicherkarte sind nicht wirklich der Reißer. Gut der Touchscreen ist wirklich gelungen, die Verpackung ist schick. Und schön flach ist das Teil auch. Aber Hand(y) aufs Herz, liebe Strategen. Wärt ihr die Verantwortlichen gewesen, daran hätte keiner geglaubt.
Was nämlich funktioniert, ist das Bild hinter dem Produkt, der Glaube hinter der Marke. Das hat Charisma, dem wird geglaubt. Und natürlich der topmodernen Klaviatur des Marketing. Keine teueren Kampagnen, keine Zielgruppendifferenzierung, kein Elevator-Pitch und kein TV-Spot leisten das, was Apple leistet. Die Jünger sprechen. Die Mac-User, die weltweite Kreativgemeinde, die Blogger. Das Web trägt die Botschaften und die Käufer glauben die Signale und strömen herbei.
Nicht um das Produkt geht es, nicht um den Preis oder den Nutzen. Es geht um ein Gefühl. Einen Duft. Es geht um die Idee.
Geschrieben von Kai Falkenberg
in Marketing Denkanstöße
um
16:22
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LG, Jana