Donnerstag, 23. August 2007
Decoderfrei
Im Zuge des Verlustes der Übertragungsrechte an der Fußball-Bundesliga habe ich im letzten Jahr den Vertrag mit Decoder - TV gekündigt wie viele hunderttausende andere Zuschauer auch. Anschließend bekam ich wöchentliche Serviceanrufe, die mich anflehten, das Gesamtpaket auch weiterhin anzuschauen. Ebenso wurde der monatliche Zwangs-Monopol-Beitrag mit jedem Anruf gesenkt. Jahrelang musste ich 49,- EUR Monatsobolus bezahlen, weil ich im Abonnement alle anderen Programme aufs Auge gedrückt bekam. Sah ich zwar nie, aber was soll’s. Doch dann wurde der Fußball, der da am Samstagnachmittag geboten wurde (ich bin Bayern-Fan) so unansehnlich (Sorry, Herr Hoeneß!), dass ich lieber ein Nickerchen machte, las oder arbeitete als Fußball zu konsumieren. Am schlimmsten waren anschließend jedoch die moderierenden Marktschreier und Claqueure, die jedes peinliche Fehlpass-Festival zu einem nie gesehenen Highlight aufblasen wollten. Kein Wunder, wenn man Millionen dafür bezahlt hat.
Die Telefonanrufer konnte ich letztlich mit einer grandiosen Idee abwimmeln. Als mal wieder eine dieser - diesmal sogar charmanten - weiblichen Stimmen anrief, ob ich das Programmpaket nicht auch weiterhin zu lächerlichen 35,- EUR/ Monat behalten wolle, fiel mir ein italienischer Auto-Werbspot (oder war es Kaffee?) ein. „Isch abe gar keine Fernseher“, sagte ich der völlig entgeisterten Stimme. „Das sollten Sie auch mal versuchen. Super, so ganz ohne Zeitfresser.
Gleichwohl gab Decoder - TV bis zum Ablauf meiner so lange wie möglich hinausgezögerten Vertragslaufzeit mit regelmäßigen Bettelbriefen, Kunde zu bleiben, nicht auf. Zum Abschluss meines Auserwählten-Status' schrieb ich dann einen letzten Brief an den so genannten Kundenservice und schickte meine elektronische Mitgliedskarte zurück. Hier als Beweis mein Brief vom 7. Oktober 2006:
„Kundenkarte 5.222.555.5,
Sehr geehrte Frau vom Kundenservice
danke für Ihren Brief und die diversen telefonischen Versuche mich als Kunden zu halten. Hier ein paar Hinweise für Ihre Marktforschungsabteilung: Mir fällt der Abschied anscheinend weniger schwer als Ihnen. Im Gegenteil: Den Decoder habe ich bereits vor sechs Wochen deaktiviert. Ihr Programm hatte ich abonniert, um Fußball Bundesliga und Champions Liga zu sehen. Die anderen Kanäle wurden mir im Rahmen Ihrer monopolistischen Abo-Struktur quasi als Zwangsverordnung mit verabreicht. Das hat mir zwar nicht gefallen, habe ich als Kröte allerdings bisher geschluckt.
Inzwischen hat allerdings die Qualität der Bundesligaspiele so stark abgenommen, dass mir die Zeit zum Zuschauen Leid tut. Interessieren würde ich mich zukünftig für ein Abo, das mir die Wahl lässt, was ich kaufe und in dem Umfang, wie ich es sehen möchte. Beispielsweise würde ich für die Übertragung eines bestimmten Spiels durchaus einen definierten Betrag zahlen. Deshalb meine Smartkarte mit Dank zurück.
PS: Ach ja. Nicht gefallen hat mir die steigende Werbeflut in Ihrem so beworbenen „werbefreien“ Programm.
Mit freundlichen Grüßen"
Seit einem Jahr bin ich ein Decoderfreier Mensch und stelle fest: Die Qualität meiner Zeit hat sich um Potenzen gesteigert. Früher blieb der Samstagnachmittag für den TV Fußball reserviert. Der Konsum zog sich dann über Sportschau, Sportstudio bis zum DSF-Phrasenschwein am Sonntagmittag hin. Toll für den Dinosaurier in mir, weniger schön für die liebliche Prinzessin an meiner Seite.
Doch was ist jetzt passiert? Da hat doch Decoder - TV meine Idee aufgegriffen. Zur neuen Saison bietet es die Option, sich interessante Spiele der Champions - League gegen Zahlung einer Eintrittskarte ins Wohnzimmer zu holen.
Als erstes muss ich meinen Anwalt anrufen, um meine Markenrechte an der Spontan -TV-Idee zu schützen. Dann habe ich einen Termin mit der Prinzessin. Welcome back, Dinosaurier
Geschrieben von Kai Falkenberg
in Spontaneitäten
um
08:24
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Tags für diesen Artikel: abonnement, bundesliga, champions league, decoder, fußball, pay-tv, Spontaneitäten, tv, tv-rechte., übertragung
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