Dienstag, 3. Juli 2007
Selbstgerecht
Ich beobachte schon seit Langem, dass es da eine Reihe von Menschen gibt, die sich bereitwillig für andere aufopfern. Das anderen gerecht Werden steht weit vor dem selbstgerecht sein. Somit begegnen sie jedem Tag mit dem Ziel, anderen gerecht zu werden. Was unweigerlich dazu führen muss, dass man keine Zeit, kein Interesse und auch keine Lust mehr hat, seinen eigenen Vorstellungen gerecht zu werden. Denn das ist der Zweck dieses Denkens und Handelns. In dem man sich für andere aufopfert, muss man sich nicht ständig selbst quälen in der Ungewissheit "Ist es das, was ich will?". Diese Frage stellt sich nicht einem, der allen anderen gerecht werden will.
Fängt man im Laufe eines Lebens aber an, das Selbstgerechte langsam immer mehr in den Vordergrund zu stellen, dann kann man sein blaues Wunder erleben. Denn der Nutzen, den andere von einem haben, fällt weg. Somit fällt auch das Interesse an demjenigen ins Bodenlose. Diese Entwicklung macht dann wiederum vielen so viel Angst, dass sie auf dem Weg selbstgerechter zu werden, lieber wieder umdrehen.
Ein sinniges und bekanntes Sprichwort sagt: Wenn sich jeder in erster Linie um sich selbst kümmert, dann ist an alle gedacht. Da ist was dran. Mehr als ich noch vor einiger Zeit zu glauben schien. Denn gute Köche sind sicher nicht gut geworden, weil sie es immer allen Recht machen wollten. Sondern das Gegenteil war sicher der Fall. Gute Dirigenten, Maler, Ärzte, Rechtsanwälte, Erfinder und so weiter, die eigentliche Qualität aller, die etwas Außerordentliches hervorgebracht haben, ist, dass sie in erster Linie an sich dabei gedacht haben. An das, was sie selbst am meisten wollen. Sein Leben im Dienste anderer zu fristen ist eine legitime Möglichkeit. Bei der man aber wissen und akzeptieren muss, dass man in erster Linie immer die Wünsche und Ziele anderer erfüllt. Seine eigenen sind immer erst nachgeordnet oder finden gar nicht statt.
Diesen Deal muss man eingehen. Oder langsam und bestimmt immer mehr an seiner Selbstgerechtigkeit arbeiten. Sonst bleiben zu viele Lebensträume unerfüllt. Sein Ding machen ist somit auch ein legitimer Weg. Der nicht immer von Erfolg und Glück gekrönt ist. Aber die Spuren im Gras sind wenigstens die eigenen und man muss nicht ständig in denen anderer hinterherlaufen.