Mittwoch, 25. April 2007
Ansichtssache Urlaub
Früher waren der Urlaub und die darin vollzogenen Reisen ein sehr wertvolles Gut. Nach jedem Urlaub wurden die Nachbarn und Freunde eingeladen zum Urlaubsbilder Schauen. Dabei wurde Knabberzeug und Bier kredenzt. Es waren meist üble Einladungen, vor denen man sich mit allen Mitteln drückte. Denn Urlaubsbilder sind totlangweilig. Also, die Art von Bildern, die es zu 98 % zu sehen gab. Denn diese zeigten meist erst Kalkleichen, dann Brandopfer und dann Körper, die so aussehen, als ob jemand zwei Wochen auf der Sonnenbank gelgen hatte. Der Grad der Tiefenbräune gab Aufschluss über die Urlaubsqualität.
Deshalb hat man sich professionell gebräunt. Damit alle neidisch auf einen waren. Vor dem Urlaub zweimal Sonnenstudio. Grundbräune auftragen. Am Anfang im Urlaub hoher Sonnenschutzfaktor. Dann den Sonnenschutzfaktor sukzessive herunterfahren. Bis man ihn ganz aufgab und durch Bratfett ersetzte. Dabei mit den Haaren so oft ins Salzwasser, wie es ging, damit die Haare völlig ausblichen. Und wichtig, immer dieselbe Badehose. Damit man mit einer Fingerbewegung nach dem Urlaub das Vorher-Nachher-Prinzip verdeutlichen konnte.
Dann brachte man aus dem Urlaub jede Menge Krimskrams mit, das schnell in irgendwelchen Schubladen verschwand. Oder verschenkt wurde. Zudem brachte man meist einheimische alkoholische Getränke mit. Der Wein war unverständlicherweise immer ungenießbar. Obwohl er da unten immer so toll schmeckte. Und bei dem Rest konnte man nur höflich nicken, aber in einem drin brach das große Unverständnis aus. Im Urlaub hat man alles das getan, was zu Hause ja nicht geht. Und dann die Fotos. So konnte man die Nachbarn in unterschiedlichsten Zusammensetzungen und Posen betrachten. Die Bilder hatten alle eins gemein, diese Hackfressen haben immer das Schönste verdeckt. Weil die immer vor allem sich postieren mussten. So beobachetete man beim Fotos Schauen die Bräunungsentwicklung. Sonst nichts. Und wenn der Vorführer noch so oft Situationen als unvergesslich und einzigartig einstufte, davon war nichts zu sehen und zu spüren. Und wie gut ein Essen auf einem Foto gewesen sein soll, entzieht sich meiner Vorstellung. Vor allem, wenn ich Menschen mit nackten Oberkörpern beim Essen zusehen muss. Und die ganzen tollen Menschen, die kennengelernt wurden. Diese irren Typen. Die so einmalig und witzig waren. Voller Lebensgeschichten.
Dabei sah man immer nur angeschickerte Kalkleichen, Brandopfer oder Tiefgebräunte. Die alle so aussahen wie die Typen am Grill bei Mc Donalds, oder Busfahrer oder ...
Jedenfalls wurden die Urlaubsfotos dann technsich gekrönt vom Urlaubsfilm. Super 8. Diese Filme waren wie die Fotos nur länger. Und das Geräusch des Projektors war wesentlich lauter, als der des Diarades. Super 8 Filme waren eine Zeit hoch im Kurs. Der einzige Vorteil war die kürze. Denn die Filme waren ziemlich teuer. Für 10 Minuten Super 8 Film musste man zuvor 3 Stunden Dias schauen.
Bild: Peter von Felbert